Du machst nie, was man dir sagt!: Besser kommunizieren mit Ich-Botschaften

„Du“ und „man“ sind ständige Begleiter in der alltäglichen Kommunikation. Wir verwenden es laufend, ohne darüber nachzudenken. Doch komischerweise kommt es dadurch immer wieder zu Konflikten. Warum das so ist und welche Art der Sprache weitaus zielführender ist, erfahren Sie in diesem Artikel.

Ist Ihnen schon einmal bewusst geworden, dass Sie sehr oft automatisch in der „Du- oder Man-Form“ sprechen, wenn Sie jemandem etwas mitteilen wollen? Aussagen wie „Du bist / hast / sollst …“ oder „Man muss / kann / darf nicht ..“ dominieren häufig Ihre Ausdrucksweise. Egal, in welcher Stimmung Sie gerade sind oder um welche Situation es sich handelt.  

Warum daraus Konflikte entstehen können

Denken Sie kurz darüber nach, wie Sie Ihr Kind loben. Wahrscheinlich sagen Sie sowas Ähnliches wie „Das hast du gut gemacht!“ oder „Du bist aber fleißig“. Wenn Sie sich ärgern, kommen Ihnen bestimmt öfter Sätze wie „Wenn du nicht aufhörst, dann fahren wir nach Hause“ oder „Du folgst ja überhaupt nicht“ über die Lippen. Und wenn Sie Ihre Meinung zu einem bestimmten Thema vertreten, sagen Sie vermutlich gerne „Das darf man nicht!“ oder „Man muss bitte und danke sagen“.

Die Sache ist nur die: Bei dieser Art der Sprache handelt es sich immer um unklare Kommunikation. Du- oder Man-Sprache beinhaltet eine Bewertung der anderen Person oder eine pauschale Verallgemeinerung. Die Botschaften kommen beim Empfänger verschlüsselt an, er versteht entweder gar nicht genau, was Sie meinen oder fühlt sich in seiner Selbstachtung untergraben. Außerdem enthalten solche Aussagen nahezu immer Eigenschaften der 12 typischen Kommunikationssperren (z. B. Befehle, Drohungen, Belehrungen etc.). Und daraus entsteht dann auch häufig Widerstand, Rebellion oder Spannung in der Beziehung.

Warum die Ich-Sprache wirksamer ist

Die Grundlage für eine wirksame Kommunikation ist eine klare Kommunikation - also Botschaften, die der andere versteht und zuordnen kann, ohne sie erst entschlüsseln zu müssen. Deshalb stellt der Gebrauch der Ich-Sprache eine der tragenden Säulen im GORDON Training dar. Ich-Botschaften sind klar. Sie bringen damit Ihr Innerstes zum Ausdruck - Ihre Gedanken, Gefühle, Empfindungen, Erfahrungen und Bedürfnisse. Und zwar ohne Verallgemeinerungen oder die Beurteilung des anderen. So kann der Empfänger Ihre Botschaft viel leichter annehmen und einordnen - und wird auch eher darauf eingehen. Denn das Tolle an der Ich-Sprache ist, dass sie sich in jeder erdenklichen Situation anwenden lässt, um wirksam zu kommunizieren.

Die verschiedenen Formen von Ich-Botschaften

Ich-Botschaften gibt es in unterschiedlichen Ausprägungen, die je nach Anlass der Kommunikation und abhängig davon, in welchem Bereich der Problemzuordnung Sie sich befinden, zum Einsatz kommen können:

Aussagende Ich-Botschaft

Die aussagende Ich-Botschaft bringt Ihre Gedanken, Gefühle, Ansichten und Meinungen im problemfreien Bereich zum Ausdruck. Also immer dann, wenn Sie jemandem schlicht und ergreifend etwas mitteilen wollen und im Grunde nichts weiter erwarten. Oder aber auch dann, wenn Sie sich mit jemandem über ein bestimmtes Thema unterhalten.

Beispiele für aussagende Ich-Botschaften:

  • Ich freue mich auf den Urlaub, wo ich mich so richtig entspannen kann. 

  • Ich fühle mich in Hosen wohler als in Kleidern.

  • Ich finde Fußball langweilig.

  • Für mich wäre vegane Ernährung nichts.

Entgegnende / verneinende Ich-Botschaft

Ebenfalls im problemfreien Bereich ist die entgegnende / verneinende Ich-Botschaft angesiedelt. Damit lehnen Sie ein Verhalten oder eine Bitte des anderen ab und liefern eine Begründung. Das heißt, Sie teilen dem anderen wertfrei mit, warum Sie im Moment etwas nicht machen wollen oder können.

Beispiele für entgegnende / verneinende Ich-Botschaften:

  • Nein, ich möchte heute nicht mit dir ausgehen, weil ich mich bereits auf einen gemütlichen Fernsehabend gefreut habe.

  • Nein, ich kann dir mein Auto morgen nicht leihen, weil ich es selbst brauche.

  • Nein, ich spiele jetzt nicht mit dir, weil ich gerade das Abendessen zubereite.

Vorbeugende Ich-Botschaft:

Mit der vorbeugenden Ich-Botschaft drücken Sie zukünftige Wünsche, Bedürfnisse oder Befürchtungen aus, solange Sie sich im problemfreien Bereich befinden. Das Ziel ist es, den anderen rechtzeitig auf etwas vorzubereiten, sodass er sich darauf einstellen und Rücksicht nehmen kann.

Beispiele für vorbeugende Ich-Botschaften:

  • Ich möchte mich heute in Ruhe mit meiner Freundin unterhalten, wenn sie zu Besuch kommt. Darum möchte ich, dass ihr in eurem Zimmer spielt.

  • Nächste Woche habe ich eine große Präsentation. Deshalb möchte ich mich darauf konzentrieren und keine anderen Arbeiten annehmen.

  • Morgen werde ich die Wohnung putzen. Ich möchte, dass eure Zimmer aufgeräumt sind, damit ich dort staubsaugen kann.

Anerkennende Ich-Botschaft

Mit der anerkennenden Ich-Botschaft äußern Sie angenehme Gefühle oder Erfahrungen, ohne das Verhalten des anderen mit einer lobenden Du-Botschaft zu bewerten.

Beispiele für anerkennende Ich-Botschaften:

  • Ich freue mich, dass du mir beim Aufräumen geholfen hast (statt: Du hast brav geholfen.)

  • Mir hat das Essen heute sehr gut geschmeckt. (statt: Du hast sehr gut gekocht.)

  • Ich habe große Freude mit deinem Bild, es gefällt mir sehr gut. (statt: Das hast du aber schön gemalt.)

Konfrontierende Ich-Botschaft

Die konfrontierende Ich-Botschaft kommt dann zur Anwendung, wenn Sie mit einem Verhalten oder einer Situation ein Problem haben. Anstatt mit wertenden Du-Botschaften das Risiko eines echten Konflikts zu provozieren, beschreiben Sie damit das Problem aus Ihrer Sicht.

Eine konfrontierende Ich-Botschaft besteht aus 3 wesentlichen Teilen, deren Reihenfolge Sie beliebig wählen können:

  • der möglichst neutralen Beschreibung des Verhaltens,

  • den persönlich spürbaren Folgen, die das Verhalten für Sie hat (z. B. mehr Zeitaufwand, zusätzliche Kosten, Verlust etc.) und

  • dem Gefühl, das das Verhalten bei Ihnen auslöst (z. B. Angst, Enttäuschung, Ärger, Schmerz etc.)

Beispiele für konfrontierende Ich-Botschaften:

  • Wenn ich dir morgens beim Anziehen helfen muss, komme ich zu spät in die Arbeit und das ist mir unangenehm.

  • Wenn du mich nicht mit dem Auto abholst, muss ich im Dunklen nach Hause gehen und das macht mir Angst.

  • Wenn im Wohnzimmer Spielsachen herumliegen, muss ich sie am Abend aufräumen, weil ich mich sonst nicht wohlfühle.

Versuchen Sie doch einfach beim nächsten Mal bewusst in der Ich-Sprache zu kommunizieren. Sie werden feststellen, dass Ihr Gegenüber anders reagiert.

Birgit Mayrhofer