Ich hab’s doch nur gut gemeint: Wenn Kommunikation blockiert, statt hilft

Wenn nahestehende Personen ein Problem haben, ist es vielen Menschen ein Anliegen, zu helfen. Doch oft keimen durch diese Hilfeversuche neue Probleme auf, anstatt die alten zu lösen. Der Grund dafür ist meist blockierende Kommunikation. Wir haben die 12 typischen Kommunikationssperren für Sie in diesem Artikel zusammengefasst.

Kommt Ihnen das auch bekannt vor? Der offensichtlich bedrückte Partner, der sich auf Ihre Nachfrage hin noch mehr in sein Schneckenhaus zurückzieht? Der Teenager, der Ihre Warnungen wegen der schlechten Noten mit noch weniger Lerneinsatz negiert? Oder das Kleinkind, das nach dem Sturz auf Ihre tröstenden Worte hin erst so richtig aufdreht?

Wenn ja, dann gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie. Die gute lautet: Es liegt nicht an Ihnen als Person. Die schlechte ist: Es liegt aber sehr wohl an Ihrer Kommunikation.


Wenn Kommunikation mehr blockiert, als hilft

Es ist mehr als nachvollziehbar und auch äußerst löblich, wenn Sie anderen Personen in schwierigen Situationen oder bei Problemen zur Seite stehen möchten. Meistens, indem Sie etwas dazu sagen oder weiter nachfragen. Gute Ratschläge, überzeugende Argumente oder gutgemeinte Ablenkungsmanöver sind dann schnell zur Hand. Doch leider bleibt der gewünschte Erfolg häufig aus. Ganz im Gegenteil - oft entstehen dadurch sogar noch mehr Probleme. 

Nehmen wir folgende Situation als Beispiel: Ihr Kind kommt von der Schule nach Hause und hat schlechte Laune. Es sagt: „Schule ist so blöd. Ich geh dort sowieso nicht mehr hin. Ich hab keine Lust mehr auf die Lernerei!“ Ihre erste Reaktion wird sein, dass Sie in irgendeiner Art auf diese Aussage eingehen. Vielleicht sagen Sie darauf: „Du musst aber in die Schule gehen. Jeder muss in die Schule gehen.“ Oder vielleicht auch „Wenn du nicht lernst, wird nichts aus dir. Dann wirst du nie einen Job finden.“ Oder „Und wie stellst du dir das vor? Was willst du denn sonst machen? Denkst du überhaupt nach, was du sagst?“ Oder „Jetzt übertreib mal nicht so. Du redest Blödsinn.“ Oder „Na komm, jetzt iss erst mal was“. Oder - oder - oder.

Egal, in welcher Art und Weise Sie auf die Botschaft Ihres Kindes reagieren, Sie werden dadurch kaum erreichen, dass es Ihnen erzählt, was eigentlich dahinter steckt. Warum das so ist, ist einfach erklärt: Gewisse kommunikative Hilfeversuche bei Problemen fördern die Mitteilungsbereitschaft des Empfängers nicht, sondern hemmen sie - sie werden zu Kommunikationssperren.

Die 12 typischen Kommunikationssperren

1. Befehlen, bestimmen

… kann Furcht oder Widerstand hervorrufen. Sie fördern rebellisches Verhalten, Provokation oder Rachegedanken. Manche Menschen fühlen sich auch dazu eingeladen, es darauf ankommen zu lassen. 

z. B.: Du musst …, Du hast zu …, Du wirst … etc.

2. Mahnen, warnen, drohen

… kann sowohl Angst, als auch Ärger und Auflehnung erzeugen. Wenn sich jemand scheinbar fügt, dann deshalb, weil er sich aus Unsicherheit unterwirft. Auf der anderen Seite können solche Botschaften herausfordern, diese zu testen. 

z. B.: Wenn du nicht …, dann …, Es reicht jetzt, sonst …

3. Moralisieren, predigen, an die Pflicht erinnern

… vermittelt Verpflichtung oder Schuldgefühle. Es kann bewirken, dass der Empfänger seine Position noch vehementer verteidigt, weil er ein Misstrauen in sein Verantwortungsbewusstsein erkennt.

z. B.: Du solltest …, Du hast zu …, Auf deine Verantwortung …

4. Ratschläge erteilen, Vorschläge machen, Lösungen geben

… verhindert, dass sich der Empfänger seinem Problem stellt, andere Lösungen durchdenkt und ausprobiert. Es suggeriert ihm, dass er nicht in der Lage ist, seine Probleme selbst zu lösen und kann zu einer gewissen Abhängigkeit, aber auch zu Widerstand führen.

z. B.: An deiner Stelle würde ich …, Warum versuchst du nicht …, Mein Vorschlag wäre ….

5. Mit Logik überzeugen, belehren, argumentieren

… provoziert Verteidigung und Gegenargumente. Möglicherweise fühlt sich der Empfänger aber auch minderwertig oder er nimmt die Haltung ein, dass „es ohnehin nichts nützt“ und hört nicht mehr zu. 

z.  B.: Tatsache ist …, Ja, aber …, Ich schlage vor …

6. Urteilen, kritisieren, beschuldigen

… vermittelt Unfähigkeit und schmälert den Selbstwert. Die Mitteilungsbereitschaft sinkt aus Angst vor einem negativen Urteil oder die Kritik löst Gegenkritik aus.

z. B.: Du überlegst nicht …, Du bist faul …

7. Loben, zustimmen

… enthält hohe Erwartungen und kann Feindseligkeit hervorrufen, wenn das Selbstbild des Empfängers damit nicht übereinstimmt. Möglicherweise wird es aber auch als manipulierend empfunden, um ein gewünschtes Verhalten zu zeigen.

z. B.: Aber du kannst das doch …, Für dich ist das doch kein Problem …

8. Beschimpfen, lächerlich machen, Namen austeilen

… kann dazu führen, dass sich der andere minderwertig und ungeliebt fühlt. Die Selbsteinschätzung kann beeinträchtigt oder der Wunsch nach Vergeltung ausgelöst werden.

z. B.: Angsthase!, Du weißt wohl alles besser?

9. Analysieren, diagnostizieren, interpretieren

… kann drohend und beschämend empfunden werden. Der Empfänger kann sich in die Ecke gedrängt, ertappt oder bloßgestellt fühlen. Die Kommunikation wird aus Angst vor Entlarvung verhindert. 

z. B.: Dein Problem ist, dass …, Du bist jetzt einfach überfordert …

10. Beruhigen, trösten, Mitleid zeigen

… bewirkt, dass sich der andere nicht verstanden fühlt und feindselige Gefühle entwickelt. Der Empfänger erhält den Eindruck, dass es nicht in Ordnung ist, was er empfindet und seine Probleme nicht wichtig sind.

z. B.: Du brauchst dir keine Sorgen machen …, Bald wird es wieder besser …, Bei mir war das früher auch so …

11. Forschen, verhören, ausfragen

… kann mangelndes Vertrauen, Verdacht oder Zweifel ausdrücken. Der Empfänger fühlt sich eingeschränkt, darüber zu sprechen, was ihm wichtig ist. Er kann sein Problem aus den Augen verlieren, wenn er Fragen beantworten muss, die aus Sorge oder Neugierde gestellt werden.

z. B.: Warum …? Was hast du …? Wie …?

12. Ablenken, spötteln, zurückziehen

… verstärkt die Haltung, dass es besser ist, Problemen aus dem Weg zu gehen und unterdrückt einen offenen Umgang mit schwierigen Situationen. Der Empfänger kann den Eindruck bekommen, dass er und seine Bedürfnisse nicht respektiert werden.

z. B.: Reden wir doch lieber über etwas Anderes …, Na da macht ja wer aus einer Mücke einen Elefanten …


Wie Sie Kommunikationssperren vermeiden können

Wenn Sie nun befürchten, dass Sie nie mehr loben, Informationen liefern, Fragen stellen oder Anweisungen geben dürfen, können Sie beruhigt sein. Sie sollen lediglich ein Bewusstsein dafür entwickeln, welche Folgen Ihre Reaktionen haben können. Denn diese 12 Kommunikationssperren hemmen jemanden nur dann in seiner Mitteilungsbereitschaft, wenn er sich im Problembereich befindet. Dafür gibt es im GORDON Training andere, hilfreichere Methoden, wie zum Beispiel Aktives Zuhören. Im problemfreien Bereich hingegen verlieren die Kommunikationssperren ihre blockierende Wirkung und können durchaus zu geeigneten und produktiven Kommunikationshilfen werden. 

Wenn Sie also das nächste Mal jemandem in einer Problemsituation wirklich helfen wollen, versuchen Sie bewusst, Kommunikationssperren zu vermeiden. Sie werden bemerken, dass Ihr Gegenüber deutlich mehr Bereitschaft zeigt, sich Ihnen mitzuteilen.

Birgit Mayrhofer