Das habe ich dir jetzt schon 100 Mal gesagt! - Das Geheimnis einer klaren Kommunikation

Ob Familie oder Partnerschaft, ob Kinder oder Erwachsene - in vielen Beziehungen führen immer wieder die gleichen Themen zu Reibereien. Und selbst wenn über das Problem gesprochen wird, ändert sich trotzdem nichts. Frust, Ärger und Konflikte sind die Folge. Warum Kommunikation manchmal so schwierig ist und welche hilfreichen Methoden es gibt, lesen Sie in diesem Artikel.

Haben Sie manchmal das Gefühl, Sie reden gegen eine Wand? Sie sprechen eine andere Sprache, als Ihre Kinder? Ihre Familie reagiert einfach nicht, wenn Sie etwas sagen? Dann gibt es dafür eine ganz banale Erklärung:

Wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie jemand nicht versteht, dann deshalb, weil er Sie auch tatsächlich nicht versteht. Und das kann mehrere Gründe haben.

Wie Kommunikation funktioniert

Im Grunde funktioniert zwischenmenschliche Kommunikation nach dem gleichen Prinzip, wie ein Telefonat mit dem Handy: Wenn Sie jemanden anrufen, diese Person abhebt und der Empfang auf beiden Seiten gut ist, können Sie super telefonieren. Ist die Verbindung allerdings bei einem Gesprächspartner schlecht, dann rauscht es in der Leitung. Sie hören den anderen nicht mehr so gut und auch Sie werden nicht richtig verstanden. Und manchmal kommt das Gespräch auch erst gar nicht zustande, weil das Handy des anderen ausgeschaltet ist oder er nicht abheben kann.

Mit anderen Worten: Damit das Telefonat zustande kommen kann, braucht es jemanden, der anruft, jemanden, der abhebt und eine einwandfreie Verbindung. Oder auf die Kommunikation umgelegt:

  • einen Sender,

  • einen Empfänger

  • und eine klare, verständliche Botschaft.

Wenn es in der Leitung rauscht

Missverständnisse, Ärgersituationen oder Konflikte entstehen immer dann, wenn der Sender eine Botschaft aussendet, die der Empfänger nicht versteht oder nicht zuordnen kann. Die Kommunikation erfolgt dann sozusagen in Form eines Codes, der sowohl aus verbalen (= Worte) als auch nonverbalen (= Körpersprache, Stimmlage, Tonfall etc.) Komponenten besteht. 

Diesen Code zu entschlüsseln und die eigentliche Botschaft dahinter zu erkennen, ist nicht immer einfach. Unterschiedliche Wahrnehmungen, Ansichten und Erfahrungswerte von Sender und Empfänger lassen viel Raum für Spekulationen, Vermutungen und falsche Interpretationen.

Zur Verdeutlichung ein kleines Beispiel: 

Stellen Sie sich vor, Sie kommen nach einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause und wollen eigentlich nur noch ins Bett. Ihr Kind ist aber voller Energie und fordert Ihre Aufmerksamkeit vehement ein. Sie sagen „Sei nicht so lästig“ und senden damit eine verschlüsselte Botschaft für „Ich bin müde und muss mich erholen!“. Wenn Sie Glück haben, deutet Ihr Kind den Code richtig und versteht Ihr Bedürfnis. Viel wahrscheinlicher ist es aber, dass es zu einem Missverständnis kommt. Ihr Kind glaubt vielleicht, es hat etwas falsch gemacht und ist schuld an Ihrer Laune. Oder es hat das Gefühl, nicht in Ordnung zu sein und denkt - im schlimmsten Fall - Sie haben es nicht mehr lieb. Es ist nicht in der Lage, die wahre Botschaft zu erkennen.

Besonders verwirrend wird es für den Empfänger dann, wenn verbale und non-verbale Signale der Botschaft nicht übereinstimmen. Wenn Sie sich zum Beispiel furchtbar darüber ärgern, dass Ihr Partner den Geschirrspüler nicht wie vereinbart ausgeräumt hat, das aber mit einer verständnisvollen Aussage wie „Macht ja nichts, dann mach ich es später“ kommentieren, senden Sie eine zweideutige Botschaft aus, die bei Ihrem Partner für Verwirrung sorgt. Er weiß nicht, welches Signal echt ist. Nun wird er entweder nicht weiter reagieren - weil Sie ja gesagt haben, dass es in Ordnung ist - oder die Situation führt zu einem weiteren Konflikt, weil er Sie auf Ihr widersprüchliches Verhalten anspricht.

Aber warum fällt es uns eigentlich so schwer, klare Botschaften zu senden?

Warum wir Botschaften verschlüsseln

Wenn Sie sich unklar ausdrücken, kann es mitunter daran liegen, dass Sie selbst nicht genau wissen, was Sie eigentlich brauchen. Sie spüren zwar, dass Sie mit der Situation gerade alles andere als zufrieden sind, wissen aber nicht genau warum - ganz zu schweigen davon, was Sie tun könnten, damit es Ihnen besser geht. 

Wenn Ihr Magen lautstark knurrt, wissen Sie, dass Sie Hunger haben und alles wieder in Ordnung ist, wenn Sie einfach etwas essen. Wenn Sie sich aber darüber ärgern, dass im Wohnzimmer sämtliche Spielsachen verteilt sind, wird es schon schwieriger. Warum genau ärgern Sie sich denn? Weil Sie sich nicht wohlfühlen, wenn es unordentlich ist? Weil Sie nicht verstehen können, dass es Ihren Kindern nicht auffällt? Weil Sie viel lieber etwas anderes machen würden, als aufzuräumen? Und was genau möchten Sie eigentlich? Dass Ihre Kinder von selbst aufräumen? Dass sie Ihnen zumindest dabei helfen? Oder, dass sie überhaupt nicht mehr im Wohnzimmer spielen? Wenn Sie sich selbst nicht im Klaren darüber sind, werden Sie Ihren Ärger wahrscheinlich verschlüsseln. Vielleicht lautet Ihre Botschaft dann „Wie schauts denn hier schon wieder aus?!“ oder „So ein Saustall!“. 

Manchmal hindern Sie aber auch falsche Rücksichtnahme, zu hohe Erwartungen an sich selbst bzw. den anderen oder Ihre inneren Antreiber daran, sich klar auszudrücken. Weil Sie niemanden kränken wollen. Weil Sie der Meinung sind, der andere müsste doch von selbst merken, dass etwas nicht stimmt. Oder weil Sie sich nicht eingestehen wollen, dass Sie Unterstützung brauchen.

Was es für eine wirksame Kommunikation braucht

Zugegeben, klare Botschaften auszusenden, birgt ein gewisses Risiko. Einerseits legen Sie damit Ihre innersten Empfindungen, Ängste und Sorgen offen und zeigen sich damit in gewisser Weise verwundbar. Und andererseits nehmen Sie damit in Kauf, dass sich der andere von Ihrer Botschaft auf den Schlips getreten fühlt und eigentlich gar nicht hören will, was Sie sagen.

Damit eine wirksame Kommunikation entstehen kann, sind also Sender und Empfänger gleichermaßen gefordert.

Als Sender müssen Sie sich zunächst über Ihre innersten Empfindungen und Bedürfnisse im Klaren sein, um diese ausdrücken zu können. Dafür brauchen Sie unbestritten auch eine gewisse Portion Mut, um ehrlich und authentisch zu bleiben und sich so mitzuteilen, wie Sie sich in diesem Moment fühlen. Eine wirksame Methode, die auch eines der wesentlichen Elemente des GORDON Trainings ist, ist die Verwendung der ICH-Sprache. Mit ICH-Botschaften geben Sie Auskunft über sich selbst - was Sie meinen, denken, empfinden, fühlen, brauchen oder erleben. Sie bringen zum Ausdruck, was in Ihrem Innersten vorgeht und vermeiden Verallgemeinerungen oder die Beurteilung einer anderen Person. Damit senden Sie eine eindeutige und klare Botschaft aus, die der Empfänger versteht und einordnen kann. 

Als Empfänger hingegen müssen Sie in der Lage sein, aufmerksam auf die Signale des Senders zu achten und gewissermaßen zwischen den Zeilen zu lesen, um die Botschaften zu entschlüsseln. Im GORDON Training wird dazu Aktives Zuhören als Methode angewandt. Es hilft Ihnen dabei, einen Eindruck über die Befindlichkeit und die Bedürfnisse des Senders zu erhalten und ihm eine Rückmeldung Ihrer Vermutungen zu geben. So hat der Sender die Möglichkeit, diese Vermutungen zu bestätigen oder aber sein Anliegen auf andere Art und Weise zu beschreiben.

Wenn Sie also das nächste Mal das Gefühl haben, in Ihrer Familie wird aneinander vorbei geredet, dann achten Sie darauf, ob die Botschaft des Senders auch tatsächlich richtig beim Empfänger ankommt.

Birgit Mayrhofer